Wearable: Armband als Frühwarnsystem bei Demenz

Wenn das Ich verschwindet. Laut Welt-Alzheimerbericht 2015 leiden allein in Deutschland 1,5 Millionen Menschen unter einer Demenzerkrankung. 46,8 Millionen sind es weltweit. Kann ein Wearable als Frühwarnsystem helfen?

Demenz
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©Alzheimer’s Disease International, www.alz.co.uk/

Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene Krankheitsbilder. Gemeinsamer Nenner aller: der fortschreitenden Verlust bestimmter geistiger Funktionen. Wie Denken, Orientieren, Sprechen, Verstehen und Beurteilen. Störungen der emotionalen Kontrolle führen zu Persönlichkeitsveränderungen, die mit Aggression, Depression, Angst und Unruhe einhergehen können. Am Ende ist bei allen Formen eine selbstständige Bewältigung des Alltags nicht mehr möglich. Der Mensch und sein Ich verschwinden immer mehr.

Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin haben gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung ein Versorgungskonzept entwickelt, das die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen stabilisieren, verbessern und sicherer gestalten soll.

Projekt PYRAMID

Heute erhältliche Wearables bedienen vornehmlich die Bereiche Consumer und Lifestyle. Die echten Chancen liegen jedoch im medizinischen Bereich. Connected Healthcare ist das Stichwort: Wearables, die in der Lage sind, physiologisch relevante Daten zu messen und via drahtloser Kommunikation zu übermitteln. Und genau das ist das Projekt PYRAMID.

Ein modular erweiterbares Messsystem in Form eines Armbands misst die Gesundheits- und Pflegedaten des Demenzpatienten mit unauffälligen, kaum wahrnehmbaren Sensoren. Auf Basis der erhobenen Daten wird eine individuelle Therapie- und Betreuungsmöglichkeit für den Erkrankten vorgeschlagen und umgesetzt. So können Verschlechterungen im Verlauf rechtzeitig erkannt und den an der Betreuung und Behandlung Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise wird eine frühzeitige Optimierung der Therapie und Betreuung möglich, um Betroffene möglichst lange in gewohntem Umfeld in das alltägliche Leben einzubinden.

Das Wearable misst Vitalparameter wie Herzfrequenz, Körpertemperatur und Hautwiderstand. Erfasst werden auch externe Parameter wie Außentemperatur, Helligkeit und Lautstärke sowie Bewegungsmuster des Patienten. Von den Angehörigen ausgefüllte Fragebögen werden erfasst, ausgewertet und in die Diagnose einbezogen. Sämtliche Daten werden an alle am Pflegeprozess Beteiligten über eine App zur Verfügung gestellt.

Gute Akzeptanz

Erste Tests mit Erkrankten wurden bereits abgeschlossen und sehr gut angenommen. Weitere finden noch in diesem Jahr statt. Im Pflege- und Behandlungsprozess anfallende Informationen, Messwerte und Ergebnisse können ausreichend strukturiert werden, um notwendige Informationen zum richtigen Zeitpunkt vorliegen zu haben.

Das Messsystem ist komplett in ein Armband integriert, in welchem sämtliche Sensoren sowie die Elektronik unauffällig untergebracht sind. Ein Microcontroller erfasst die Daten; ein Bluetoothmodul, ein Akku, eine USB-Schnittstelle sowie eine NFC-Antenne komplettieren das System.

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 1,4 Mio. Euro gefördert und läuft noch bis März 2019.

Mein Fazit

Alle drei Sekunden erkrankt auf der Welt ein Mensch an Demenz. Etwa 50 Prozent der an Demenz erkrankten Menschen haben das Gefühl, nicht in das alltägliche Leben eingebunden zu werden. Sie fühlen sich isoliert. Die Betreuung und Behandlung von Demenzkranken stellt sowohl Angehörige und Betreuer als auch das medizinisch-pflegerische Personal vor große Herausforderungen.

Ziel dieses Projekts ist es, Betroffene von der Verdachtsdiagnose bis zur klinischen Versorgung über Jahre hinweg diskret zu begleiten. Und ihnen so die Chance zu geben, möglichst lange in der vertrauten Umgebung selbstbestimmt zu leben. Die Antwort auf meine eingangs gestellte Frage lautet also ganz klar: JA, es kann.


P.S. Das Thema Demenz haben wir auf unserem Blog übrigens bereits vielfältig aufgegriffen. Weitere spannende Projekte und super Initiativen rund um das Thema Demenz gibt es unter diesem Link: HealthcareHeidi

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Welt-Alzheimer Bericht 2015

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moio – das intelligente Pflegepflaster

Wer einen an Demenz erkrankten Menschen betreut, weiß, dass es ab einem gewissen Schweregrad der Demenz praktisch unmöglich ist, den Betroffenen unbeaufsichtigt zu lassen. Eine extreme Herausforderung und Verantwortung für Pflegende. Das intelligente Pflegepflaster moio kann hier zukünftig eine enorm wertvolle Unterstützung sein.

Was ist moio.care?

moio.care ist ein absolut innovatives TeleCare-System. Es besteht aus einem speziellen Pflaster, das am Rücken eines pflegebedürftigen Menschen angebracht wird und mit einem Sensormodul ausgestattet ist. Dieses kann Bewegungsdaten einer Person erfassen und per Software auswerten. Bei Bedarf überträgt der Sensor die Daten per Mobilfunk an eine App.

Sensorpflaster moio.care © MOIO GmbH
Smartphone Screenshot der App moio
Screenshot der App © MOIO GmbH

Was kann moio?

Ganz allgemein gesagt, informiert moio Pflegende immer dann, wenn ein konkreter Handlungsbedarf besteht. Die Funktionen im Einzelnen:

  1. Menschen mit Demenz haben oft einen ausgeprägten Bewegungsdrang und entwickeln im Laufe der Zeit auch so genannte Weglauftendenzen. Die Geofencing-Funktion gibt Alarm, wenn definierte Zonen verlassen werden. Das ermöglicht vor allem desorientierten Menschen mehr Bewegungsfreiheit, ohne dass sie ständig jemand beaufsichtigen muss. Auch einen aktive Ortung ist indoor wie outdoor möglich.
  2. Ein Beschleunigungs- und Lagesensor erkennt zuverlässig Stürze. Diese Sturzerkennung kann auch erkennen, wenn sturzgefährdete Personen z. B. nachts mal raus zur Toilette müssen. Das ermöglicht eine zeitnahe Hilfestellung und kann so die Anzahl von Stürzen deutlich verringern.
  3. Das Pflegepflaster beobachtet auch die Zeit seit der letzten Lageänderung. Sobald ein definiertes Intervall bewegungslos verstrichen ist, informiert das System die Pflegenden. Sie müssen somit zur Dekubitusprävention nur bedarfsgerechte Umlagerungen vornehmen. Unnötige Störungen des Pflegebedürftigen werden damit vermieden.
  4. Da das Pflaster natürlich nur funktioniert, wenn es auch tatsächlich getragen wird, verfügt es über eine Tragekontrolle. Diese überprüft ständig, ob es auch tatsächlich am Körper getragen wird. Sollte es ungewollt abgenommen werden oder verloren gehen, werden die Betreuenden darüber sofort informiert.
  5. Das Pflaster kann auch auswerten, wann und wie viel sich der Träger bewegt hat. Das daraus erstellte Aktivitätsprofil gibt bspw. Aufschluss über den Tag-Nacht-Rhythmus oder den Energiebedarf. Letzteres ist vor allem auch wichtig, um Mangelernährung vorzubeugen.

Die Entwicklung des intelligenten Pflasters wurde übrigens von der Diakonie Neuendettelsau und somit aus der Sicht eines Pflegedienstleisters initiiert. Das macht dieses Produkt ganz besonders wertvoll, weil so die tatsächlichen Bedürfnisse pflegender wie gepflegter Menschen direkt in die Entwicklung eingeflossen sind.

Wer noch genauer wissen will, was moio alles kann, erfährt in diesem Video alles Wissenswerte darüber.

Wer steckt hinter der Idee?

Jürgen Besser hat die MOIO GmbH, die im mittelfränkischen Fürth ansässig ist, 2017 gegründet. Davor war er Mitarbeiter am Forschungsinstitut IDC der Wilhelm Löhe Hochschule in Fürth. Er betreute seit dieser Zeit Projekte im Themenbereich ´Technische Assistenzsysteme für Menschen im Alter´. Der Fokus seiner Arbeit lag hierbei stets auf der Nutzereinbindung und der Erstellung von Geschäftsmodellen. Dann leitete er noch die SimA (Selbständig im Alter)-Geschäftsstelle der Diakonie Neuendettelsau.

Wer kann moio nutzen und was kostet das?

Aktuell befindet sich moio.care noch in verschiedenen Pflegeeinrichtungen in der in der Erprobungsphase. Aber ab 2019 ist das intelligente Pflegepflaster als moio.care HOME für den häuslichen Bereich und als moio.care PRO für die professionelle Pflege verfügbar. Ab dem Marktstart wird dann auch die moio.care-App für iOS- & Android-Smartphones/-Tablets verfügbar sein.

moio.care Home für den häuslichen Bereich kostet 59,95 EUR pro Monat zzgl. einer einmaligen Einrichtungsgebühr in Höhe von 25,00 EUR. Für das moio.care Pro System gibt es derzeit noch keine abschließende Preisgestaltung.

Mein Fazit

moio.care ist eine absolut innovative Lösung, die die Lebensqualität pflegender wie gepflegter Menschen erheblich verbessern kann. Den Pflegenden ermöglicht sie vor allem mehr Freiraum, weil sie nicht permanent und unmittelbar in räumlicher Nähe zum Pflegebedürftigen sein müssen. Das ist eine ganz erhebliche Entlastung! Andererseits ermöglicht das Pflegepflaster den Pflegebedürftigen mehr Mobilität und Privatsphäre, weil sie nicht ständig umsorgt werden müssen.

Eine Frage, die sich vielleicht jemand stellen mag, ist die, ob der Einsatz derartiger Technologien die Würde des pflegebedürftigen Menschen verletzt. Aber auch dem durchaus kontrovers diskutierbaren Thema Ethik stellt sich die Moio GmbH in vorbildlicher Art und Weise. Wir sind jedenfalls begeistert und wünschen moio.care viel Erfolg!!


Das Thema Demenz ist aus unserer Sicht gesellschaftlich ein höchst relevantes. Dafür sind innovative Lösungen dringend notwendig. Und uns aus diesem Grund haben wir uns auch schon öfter damit beschäftigt. In diesem Beitrag geht es beispielsweise um eine spezielle Methode, die pflegende Angehörige von Demenzkranken vor Burnout schützen kann.

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VR und KI im Einsatz für Menschen mit Demenz

Wir haben uns hier schon mehrfach mit Demenz beschäftigt. Heute berichten wir über zwei innovative „Spezialbrillen“ und wie sie Menschen, die an Demenz erkrankt sind, mittels VR und KI helfen können.

Zu Beginn der Erkrankung lässt vor allem das Kurzzeitgedächtnis auffallend nach. Je mehr das Kurzzeitgedächtnis schwindet umso wichtiger wird es für Menschen mit Demenz, sich mit vertrauten altbekannten Dingen zu umgeben und in Erinnerungen zu schwelgen. Aus diesem Grund hat sich im Rahmen der sogenannten Erinnerungsarbeit auch der Einsatz alter Fotoalben, Musik aus der Jugendzeit und historischer Filme bewährt. Das Erinnern gibt Sicherheit, schafft Vertrauen und kann vor allem zu Beginn der Erkrankung manchmal noch eine Brücke zur Gegenwart schlagen.

Erinnerungspflege mit VR

In einem gemeinsamen Projekt haben Mediziner und Spieleentwickler ganz besondere VR-Brillen entwickelt. Damit können sich Demenz-Patienten auf eine Zeitreise in die Welt der 50er und 60er Jahre begeben.

VR-Visualisierung einer historischen Straße in Krefeld hilft an Demenz Erkrankten sich zu erinnern.
© Weltenweber

Die Bürger der Stadt Krefeld haben das Projekt großartig unterstützt. Sie haben nämlich zahlreiche historische Fotos beigesteuert. Daraus konnte eine virtuelle 360-Grad-Version einer bekannten Straßenkreuzung in Krefeld entwickelt werden. So entstand eine virtuelle Welt wie sie in den Wirtschaftswunder-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausgesehen hat. Mit der Virtual-Reality-Brille können sich die Patienten dort umsehen und sich in der vertrauten Umgebung auch bewegen.

Reise in die Vergangenheit weckt die Aufmerksamkeit der Demenz Patienten

„Die Patienten sind durch die Anwendung sehr neugierig, aufmerksam und teils gesprächig geworden.“, berichtet mir Beate Sucrow, Co-Founderin des Virtual Reality Studios Weltenweber aus Krefeld. Sie ist Game Designerin und arbeitet mit ihrem Team bevorzugt im Bereich Medizin/Therapie.  Die Motivation für diese spezielle Lösung war allerdings eine sehr persönliche, nämlich die Demenzerkrankung ihres Vaters. Dann erfahre ich noch: „Mein Vater hat die Anwendung auch schon getestet. Er hat die Kulisse wiedererkannt und auch die Zeit konnte er richtig einordnen. Das hat uns natürlich sehr gefreut.“

Sicherlich ist eine digitale 3D-Brille nicht für jeden Patienten geeignet. Manch einen mag der Wechsel zwischen den Welten vielleicht auch verwirren oder ängstigen. Aber die ersten Erfahrungen des Helios-Cäcilien-Hospitals Hüls in Krefeld zeigen, dass diese innovative Technologie eine wertvolle Unterstützung bei der Erinnerungsarbeit sein kann.

Menschen mit Demenz  erkennen ihre Angehörige wieder mittels KI

Im Verlauf einer Demenz kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem die Erkrankten ihre eigenen Kinder oder den langjährigen Partner nicht mehr erkennen. Das stellt vor allem für das Umfeld der Patienten eine enorme psychische Belastung dar.

AI-unterstützte Gesichts- und Stimmerkennung in einer AR-Brille macht es möglich, nahestehende Personen und sogar Haustiere (wieder) zu erkennen.

Wie das funktioniert zeigt dieses Video „Know you again“ von Baidu.

Ob es diese Brille bereits gibt, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen. Der Spot wurde jedenfalls der Jury des internationalen Kreativawards „One Show“ in New York gezeigt.

Ganz ähnlich funktioniert übrigens die MyEye von OrCam, eine Brille, die für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen entwickelt wurde.

Fazit

Die Beispiele zeigen, dass innovative Technologien nicht nur in „nerdigen Gadgtes“ Verwendung finden. Sie können auch einen echten Mehrwert für Patienten liefern. Wäre toll, wenn Lösungen wie die VR-Brille schon bald Eingang in den Therapiealltag finden würden. Im Rahmen des Aufmerksamkeitstrainings kann ich mir das als sehr sinnvolle Ergänzung zu herkömmlichen Methoden vorstellen.

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Ausbildung zum Geronto-Clown

Klinik-Clowns haben sich in der Pädiatrie schon seit Jahren bewährt. Der Geronto-Clown will nun auch Menschen mit Demenz den Krankenhausaufenthalt erleichtern.

Für die meisten Menschen stellt ein Krankenhausaufenthalt schon ein außergewöhnliches Ereignis dar, das mit Aufregung, Ängsten und Stress verbunden ist. Aber was bedeutet das erst für Menschen mit Demenz? Wie sollen sie sich in der fremden Umgebung zurechtfinden, wo sie sich zudem völlig fremden Menschen anvertrauen müssen?

Modellprojekt Geronto-Clown

In einem Modellprojekt aus Rheinland-Pfalz sollen nun die positiven Erfahrungen mit den Klinik-Clowns in der Kinderkrankenpflege auf die Geriatrie übertragen werden. Die Idee ist dabei im Grunde dieselbe: Mit Humor und menschlicher Zuwendung Zugang und Vertrauen schaffen, ablenken und den Aufenthalt in der fremden Umgebung so erträglich wie möglich gestalten.

Seniorin sitz auf Terasse und lacht
Geronto-Clowns – humorvolles Engagement für Menschen mit Demenz © Pixabay
Wer kann sich wo zum Geronto-Clown ausbilden lassen?

Die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz (LZG) bietet die Ausbildung zum Geronto-Clown an.

Eine spezielle Vorbildung ist, wie man auf der Website der LZG erfährt, nicht erforderlich. Eine Altersbegrenzung nach oben gibt es ebenfalls nicht. Aber die Aufgabe erfordert Sensibilität, um zu erkennen, was die Patientin oder der Patient gerade braucht. Geronto-Clowns sind keine Auftrittskünstler, sie müssen sich vielmehr in ihr Gegenüber immer neu einfühlen und darauf spielerisch und humorvoll eingehen.

Die Ausbildung ist kostenfrei und wird von einer Hospitation in einem Krankenhaus begleitet. Neben allgemeiner Clownerie sind insbesondere Validation, eine Methode zum Umgang mit Menschen mit Demenz, und klientenzentrierte Kommunikation wichtige Ausbildungsinhalte.

Mit der Anmeldung verpflichten sich die zukünftigen Clowns, möglichst zwei Jahre für den Besuchsdienst bei Menschen mit Demenz zur Verfügung zu stehen.

Der SWR-Beitrag zeigt sehr schön, was Geronto-Clowns bewegen können.

Mein Fazit

Ein tolles Projekt! Aktuell gibt es zwar bei der LZG in Rheinland-Pfalz keine Ausbildungsplätze mehr, weil der Run auf das Angebot enorm war. Aber wenn das Projekt Schule macht, wovon ich ausgehe, dann werden die Kurse hoffentlich auch bald in anderen Bundesländern angeboten.

Weitere Beiträge zum Thema Demenz: MARIO für die Pflege Demenzkranker

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Demenz: Bauernhof statt Pflegeheim?

Bauernhöfe als Orte für Menschen mit Demenz? Als ich den Artikel in der Ärztezeitung gelesen habe dachte ich: „Klingt spannend, aber wie kann das funktionieren?“. Denken Sie vielleicht jetzt auch, deshalb will ich Ihnen hier gerne mehr dazu berichten.

Kooperationsprojekt Bauernhof

Die Landwirtschaftskammer und die Alzheimergesellschaft Schleswig-Holstein haben dieses besondere Pflegeprojekt ins Leben gerufen, in welchem Bauernhöfe spezielle Angebote für Demenz-Kranke bieten. Dabei steht es den Höfen frei, was sie anbieten möchten.

Auf dem Hof Petersburg z. B., wird gemütliches Kaffeetrinken im Kaminzimmer oder der Stube angeboten. Außerdem Spaziergänge über den Hof, Füttern der Tiere, Suchen von Eiern im Hühnerstall, Ernten von Früchten, Gemüse und Blumen oder einfach nur Ausruhen im Bauerngarten. Geschulte Ehrenamtliche und qualifizierte Fachkräfte begleiten die Menschen mit Demenz.

Auf dem Alpakaerlebnis Bauernhof von Sandra Hümpel kann man Spaziergänge mit den Alpakas unternehmen, mit Materialien vom Hof, wie Stroh, Wolle und Federn, basteln, das geerntete Obst weiterverarbeiten oder auch im traditionellen Butterfass Butter herstellen.

Sechs Höfe haben sich dem Projekt bereits angeschlossen. Bei allen werden die an Demenz erkrankten Menschen durch geschulte Ehrenamtliche und qualifizierte Fachkräfte begleitet. Angehörige wissen ihr Familienmitglied so in guten Händen. Sie können die Zeit für sich nutzen und erfahren Entlastung im Alltag.

Interessierte Landwirte, die sich dem Projekt anschließen möchten, sind jederzeit willkommen. Denkbar ist vieles. Tagesbetreuung, Wohngemeinschaft, Kurzzeitpflege. Das Kompetenzzentrum Demenz hilft, passende Konzepte zu entwickeln und unterstützt bei der Umsetzung vor Ort.

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Der Bauernhof als Ort der Erinnerung

Bauernhöfe sind ideal, um Menschen mit Demenz emotional zu berühren. Viele von ihnen, gerade in ländlichen Regionen, sind auf einem Bauernhof aufgewachsen oder haben auf einem Hof gearbeitet. Tiere sind tolle, geduldige Partner. Das Beobachten, Streicheln und Füttern knüpft an Bekanntes an, schafft Nähe. Gemeinsame Spaziergänge, Blumen pflücken oder einfach nur die Natur beobachten weckt Erinnerungen.

Auf der Berliner Pflegekonferenz im November 2017 wurde das Projekt nun auch, wie ich finde zu recht, mit dem Marie Simon Pflegepreis ausgezeichnet.

Die Angebote der am Projekt angeschlossenen Höfe finden Interessierte auf der Homepage des Kompetenzzentrum Demenz in Schleswig-Holstein

Mein Fazit

Da immer mehr Menschen ein hohes Alter erreichen, nimmt zwangsläufig auch die Zahl der Betroffenen zu. Medikamente können im frühen Stadium das Fortschreiten der Erkrankung verzögern. Heilung gibt es nicht. Alles richtet sich an den Bedürfnissen der Betroffenen aus, die Erkrankung steht im Mittelpunkt. Pflegende Angehörige kommen im Laufe der Erkrankung sehr schnell an ihre physischen und psychischen Grenzen.

Das Kooperationsprojekt in Schleswig-Holstein ist eine tolle Sache und bietet Entlastung für alle. Auch, wenn es noch in den Kinderschuhen steckt und aktuell auf wenige Höfe in Schleswig-Holstein beschränkt ist. Aber es ist ein Anfang und, wie ich finde, ein hervorragender dazu. Für die Betroffenen, denen so ein Stückchen Erinnerung und Lebensfreude gegeben wird, wie auch die pflegenden Angehörigen, die ein paar Stunden durchatmen können.

 

P. S. Auch für pflegende Angehörige und Pflegekräfte gibt es spezielle Unterstützung. Die Marte Meo Methode. Über dieses Projekt habe ich auf HealthcareHeidi vor kurzem berichtet. Es tut sich was, in der würdigen Versorgung Demenzkranker. Das finde ich phantastisch.

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AniTa – neue Onlineplattform als Angehörigen-Tauschbörse

Wenn die eigenen Eltern alt und unterstützungsbedürftig werden, stellt das entfernt lebende erwachsene Kinder vor eine schier unlösbare Aufgabe. Und genau hier setzt die neue Onlineplattform „AniTa“ mit einer Angehörigen-Tauschbörse an.

AniTa steht für „Angehörige im Tausch“. Dabei handelt es sich um ein Projekt der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften, das von der Gesundheitsökonomin Professor Susanne Busch und dem Informatiker Professor Boris Tolg geleitet wird.

Die Idee der Angehörigen-Tauschbörse

Illustration, wie der Angehörigen-Tausch zwischen zwei familien funktioniert
© AniTa

Die Idee der Angehörigen-Tauschbörse ist die, dass sich ein Teilnehmer um den in seiner Nähe wohnenden, betagten Angehörigen eines anderen, weiter entfernt lebenden Teilnehmers kümmert – und umgekehrt. Idealerweise soll der Tausch direkt zwischen zwei Familien stattfinden. Möglich ist aber auch ein Ringtausch.

 

 

 

 

 

 

Was machen die Tausch-Paten?

Illustration über die Möglichkeiten von AniTa
© AniTa

Was die Angehörigen-Stellvertreter, die so genannten „Tausch-Paten“, bei ihren Besuchen jeweils für Aufgaben übernehmen, verhandeln die Beteiligten – entsprechend dem individuelle Bedarf der Angehörigen – untereinander. Denkbar sind gemeinsame Unternehmungen wie der Besuch kultureller Veranstaltungen, Spaziergänge, ein Nachmittag im Café oder auch einfach nur das Vorlesen aus der Tageszeitung. Auch eine Begleitung bei Arztbesuchen oder Ämtergängen sowie die Begleitung anlässlich einer Pflegegrad-Begutachtung durch den Medizinischen Dienst können von den Stellvertretern vor Ort übernommen werden. Nur pflegerische Aufgaben, Geldgeschäfte oder Tätigkeiten zur Haushaltsführung sind ausgeschlossen.

„Durch die Vernetzung entfernt lebender Angehöriger können unkomplizierte, aber tragfähige „Patenschaften“ für unterstützungsbedürftige Ältere entstehen. Um das zu erreichen, sammeln wir Namen und Adressen aller Interessierten in einer Datenbank mit dem Ziel, für jeden Teilnehmenden einen passenden Tauschpartner zu finden.“, erklärt mir Frau Professor Busch.

Und so einfach kommt man zu einem Tausch-Paten

Wer eine Tauschbeziehung eingehen möchte, kann sich direkt über die Plattform anmelden. Zunächst registriert man sich mithilfe seines Vor- und Zunamens, Anschrift, Telefonnummer und einer gültigen E-Mail-Adresse. Nach der Registrierung bekommt man das Anmeldeformular per Mail zugeschickt. In diesem Formular kann man nähere Informationen über den individuellen Unterstützungsbedarf sowie Wünsche zu Art und Umfang der Tauschpatenschaft angeben. Das ausgefüllte Formular schickt man wieder zurück an AniTa und die Suche nach geeigneten Tausch-Paten beginnt.

Wie wird die die Angehörigen-Tauschbörse finanziert?

Für die Dauer einer Erprobungsphase wird das Projekt vom GKV-Spitzenverband finanziell gefördert. Weitere Projektpartner sind die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, der MDK Bayern und die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Das Projekt AniTa ist ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben, das selbstverständlich evaluiert, d. h. fachgerecht begleitet und bewertet wird. Dafür werden die Teilnehmenden in regelmäßigen Abständen eingeladen, durch kurze Befragungen an diesem Bewertungsprozess mitzuwirken.

Mein Fazit

Eine großartige Idee und ein in meinen Augen längst überfälliges Projekt!

Die klassische Großfamilie, in der es früher selbstverständlich war, dass die Jungen sich um die Alten kümmern, ist eine Rarität geworden. Berufsbedingt leben viele ja überhaupt nicht mehr in der Nähe ihrer Eltern. Oder sie sind so eingespannt, dass sie die Fürsorge, die sie ihren Eltern zu Teil werden lassen möchten, gar nicht leisten können. Hier verspricht die Tauschbörse eine große Entlastung für alle Beteiligten. Wie die Menschen ihre jeweiligen Tauschpaten annehmen wird sich zeigen.

Wir sind gespannt und wünschen dem Projekt viel Erfolg!

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